Psychologische Hilfe zum Umgang mit der Herausforderung Corona

Das Immunsystem der Seele stärken // Ratgeber zum mentalen Umgang mit der Corona-Krise

Das erfahren Sie hier
Kapitel 1 – Herausforderung Corona
Kapitel 2 – Resilienz kann man entwickeln
Kapitel 3 – Eigenschaften, die Resilienz bewirken und erlernbar sind
Schlaglicht – Gestalter-Prinzip
Schlaglicht – Akzeptanz
Schlaglicht – Chancenorientierung
Schlaglicht – Eigene Fähigkeiten für die Krisenbewältigung erkennen
Schlaglicht – Ressourcenorientierung
Schlaglicht – Achtsamkeit
Schlaglicht – Netzwerkorientierung
Schlaglicht – Zusammenhalt und Solidarität
Schlaglicht – Die Macht des Denkens
Schlaglicht – Schatzkiste der Vergangenheit
Schlaglicht – Positiver Ausblick auf die Zukunft
Schlaglicht – Sinngebung
Schlaglicht – Struktur
Schlaglicht – Erkennen Sie Erfolge
Fazit

Das erfahren Sie hier

Die Corona-Krise stellt jeden einzelnen von uns vor Herausforderungen. Der folgende Beitrag will Ihnen Anregungen und Hilfestellungen für den psychischen und mentalen Umgang mit diesen Herausforderungen geben. Hierbei werden besonders die Methoden der Resilienz, der Fähigkeit, gestärkt aus Krisen hervorzugehen, vorgestellt: Resilienz als Methode, das Immunsystem der Seele zu stärken.

Herausforderung Corona

Neben vielen anderen Aspekten stellt der neue Virus uns vor die Herausforderung, das Leben in wichtigen Lebensbereichen einzuschränken. Isolation, Abgeschnitten sein vom sozialen Leben, in den eigenen vier Wänden bleiben müssen und einiges mehr sind Auswirkungen, die vermutlich für die meisten Menschen problematisch sind.

Somit sind wir herausgefordert, einen Umgang mit diesen Einschränkungen zu finden, damit klarzukommen und uns damit zu arrangieren – und das Beste daraus zu machen.   

Wie in vielen Lebenslagen ist für die erfolgreiche Bewältigung dieser Herausforderungen die innere Haltung eines Menschen entscheidend.  

Eine innere Haltung, die z.B. von stetigem negativem Denken geprägt ist, macht die Dinge nicht besser, ganz im Gegenteil: man rutscht immer weiter in die Krise, die Emotionen schaukeln sich hoch, Verzweiflung macht sich breit.  

Das soll nun nicht die Einladung zu einem übertriebenen positiven Denken sein. Es kann sogar hilfreich sein, die negativen Aspekte zunächst klar zu erkennen, sich darüber zu ärgern oder traurig darüber zu sein.

Die Anerkennung der Emotionen gehört wie in vielen Lebenslagen zu einem gesunden Umgang mit Problemen dazu. Wenn man den Emotionen eine Weile Raum gegeben hat, diese da sein dürfen, kommt es zu einer inneren Reinigung, Katharsis. Und diese ist oft die Voraussetzung für die Entstehung von etwas Neuem. Fluchen, Weinen und andere Reaktionen sind nun mal menschlich.

Tipp: geben Sie diesen Emotionen bewusst 5-10 Minuten und lassen Sie die Emotionen in vollem Umfang zu. Führen Sie diese „Innere Reinigung“ nicht halbherzig durch, sondern gehen Sie wirklich in die Emotion, bis im Idealfall eine innere Leere oder leichte Erschöpfung eintritt. Evtl. müssen Sie diesen Prozess mehrfach durchlaufen.

Wenn diese emotionale Reinigung stattgefunden hat, können Sie sich auf den nächsten Schritt einlassen: Anerkennen, Akzeptanz der Situation auf der Ebene des Denkens: Ja, wir, die Menschen, die Welt – wir stecken gerade in einer Krise und großen Herausforderung.

Die Erkenntnisse der Resilienzforschung (Resilienz – die Kunst mit Krisen umzugehen) helfen Ihnen dann, die nötige mentale Stärke aufzubauen.

Resilienz kann man entwickeln

Wie kann das konkret funktionieren, das Beste daraus machen und die Herausforderungen meistern?

Um diese Fähigkeiten zu entwickeln, sind die Erkenntnisse der Resilienzforschung sehr hilfreich. Resilienz, die Fähigkeit gut mit Krisen umzugehen, statt daran zu zerbrechen, haben manche Menschen quasi in die Wiege gelegt bekommen. Doch auch wir anderen können das lernen und einige Tipps beherzigen. Damit wird Corona zwar nicht aus der Welt geschafft. Aber wir können besser mit der Situation umgehen und unsere persönliche Lage zumindest etwas verbessern.

Etwas verbessern mag sich jetzt klein anhören. Aber, das weiß ich aus meiner umfangreichen therapeutischen Erfahrung, ein bisschen Verbesserung kann einen erheblichen positiven Effekt haben. Führen Sie sich auch vor Augen: wenn Sie z.B. 5  Methoden finden, die jeweils zu einer kleinen Verbesserung der persönlichen Lebenssituation führen, kann das in der Summe zu einer deutlich spürbaren emotionalen Entlastung führen. Und vor allem: das Immunsystem der Seele wird gestärkt.

Eigenschaften, die Resilienz bewirken und erlernbar sind

Im Folgenden finden Sie Verhaltensweisen, die Ihnen helfen, auch die Corona-Krise psychisch gut zu bewältigen.

Gestalter-Prinzip

Dieses Prinzip besagt, dass wir immer die Möglichkeit haben, die Dinge ein wenig positiver und angenehmer für uns zu gestalten. Man nennt das auch Selbstwirksamkeit, Selbstermächtigung oder Eigenverantwortlichkeit. Es ist die Überzeugung, trotz allem etwas bewirken zu können und lösungsorientiert zu bleiben, statt sich auf die Probleme „einzuschießen“ und sich als Opfer zu erleben. 

Um dieses Prinzip anzuwenden, können Sie sich z.B. Frage stellen wie: wie kann ich die Situation und mein Umfeld ein wenig angenehmer gestalten? Welche Handlungsmöglichkeiten bleiben mir trotz allem erhalten? Wie kann ich meinen Tagesablauf so gestalten, dass es für mich gut ist? Wie mein häusliches Umfeld noch schöner gestalten? Was wirkt sich aus Erfahrung allgemein positiv auf mein Wohlbefinden und meine Stimmungen aus und ist auch jetzt möglich?

Akzeptanz

Es kostet Menschen enorme Energie, Dinge die nun mal so sind, nicht zu akzeptieren. Dieser Widerstand gegen die Realität ist vielleicht einer der bedeutendsten Energieräuber. Und er ist wenig sinnvoll.

Nehmen Sie das Beispiel eines Menschen, der sich vorgenommen hat, den Rasen zu mähen und am Morgen Dauerregen feststellt. Was würden Sie von diesem Menschen sagen, wenn er sich in den Garten stellt und stundenlang lamentiert? Vielleicht ein zu simpler Vergleich mit der Corona-Krise. Er verdeutlicht dennoch das Grundprinzip.

Man kann sich für die innere Haltung des Annehmens, Akzeptierens entscheiden. Oder aber dagegen.

Chancenorientierung

Eng verbunden mit dem Akzeptanz-Prinzip steht die Chancenorientierung. Trainieren Sie sich besonders jetzt darauf, sich nicht auf das zu fokussieren was nicht geht, sondern auf das was trotzdem oder gerade jetzt geht. Entdecken Sie die Chancen, statt unter den Einschränkungen zu leiden. Auch hierzu kann man sich entscheiden.

Eigene Fähigkeiten für die Krisenbewältigung erkennen

Entwickeln Sie Vertrauen in Ihre eigenen Stärken zum Umgang mit Krisen. Egal was war: Sie sind bis hierhergekommen. Und haben alles irgendwie überstanden. Hierzu haben in jedem Fall auch Ihre persönlichen Stärken beigetragen.

Machen Sie sich deshalb bewusst, welche Krisen Sie bereits bewältigt haben und welche Ihrer Stärken Ihnen dabei geholfen haben. Machen Sie sich Ihre positiven Erfahrungen der Vergangenheit bewusst und entdecken Sie Ihre persönlichen Stärken zum Umgang mit Krisen.

Ressourcenorientierung

Machen Sie sich bewusst, welche Hilfen Ihnen im Umfeld zur Verfügung stehen. Stellen Sie sich Fragen wie: Welche Menschen könnten Ihnen ein wenig helfen oder beistehen? Haben Sie Stütze durch Ihren Glauben, Ihre Religiosität oder Spiritualität, lieben Sie Musik? Entdecken Sie möglichst viele solcher Ressourcen und notieren sich diese. Vielleicht entdecken Sie, dass Sie einen regelrechten Ressourcen-Teppich haben.

Achtsamkeit

Zwar ist Achtsamkeit ein mittlerweile überstrapazierter Begriff und soll für alles als Lösung herhalten. Doch es ist besonders jetzt während der Corona-Krise tatsächlich sehr hilfreich sich darin zu trainieren, den Augenblick, den Moment zu erfassen, statt sich in Grübeln aufzureiben.

Probieren Sie es aus: je mehr Sie sich auf den momentanen Moment fokussieren, auf das, was Sie jetzt gerade tun, desto weniger können Sie unglücklich, unzufrieden oder frustriert sein. Klappt wirklich!

Netzwerkorientierung

Derzeit sind viel mehr Menschen offen und bereit zu sozialen Kontakten als in normalen Zeiten. Scheuen Sie sich also nicht, Menschen per Telefon oder digital zu anzusprechen. Nutzen Sie aktiv Ihr Netzwerk, statt abzuwarten, dass sich jemand meldet. Verzichten Sie allerdings auf Gespräche, die vermutlich in einem nicht enden wollenden Lamentieren ausarten!

Tipp: Etablieren Sie virtuelle Kaffee-Treffen oder Weinabende (geht auch mit Tee).

Zusammenhalt und Solidarität

Begriffe, die sich in einer modernen Konkurrenz-Gesellschaft für manchen fast merkwürdig anhören, sind nach den Erkenntnissen der Resilienzforschung wichtige Bausteine für eine Immunität gegenüber Krisen. Zusammenhalt und Solidarität  stärken unsere Fähigkeit, schwierige Situationen auszuhalten, geben uns Sicherheit und vermitteln im Geben Freude. Einfach ausprobieren. Es mangelt nicht an Gelegenheiten, anderen zu helfen. Letztlich profitieren Sie davon.

Die Macht des Denkens

Unser Denken hat einen erheblichen Einfluss darauf, wie wir mit Krisen zurechtkommen. Das Denken beeinflusst in der Folge auch unsere Emotionen und Stimmungen und dadurch letztlich auch unser körperliches Befinden. Das heißt: wenn wir sorgsam mit unseren Denkgewohnheiten umgehen und erkennen, dass wir negative Denkmuster aktiv verändern können, nehmen wir damit aktiv Einfluss auf unser Wohlbefinden, unsere Emotionen und Stimmungen.   

Sie können Ihre Macht des Denkens wie folgt einsetzen: immer dann, wenn Sie sich bei negativen Denkmustern ertappen, stellen Sie innerlich ein Stopp-Schild auf und verändern Sie aktiv Ihr Denkmuster, indem Sie sich Fragen wie die folgenden stellen: wie werde ich mit einiger zeitlicher Distanz vermutlich über diese Situation denken, wenn alles ausgestanden ist? Was ist konkret so schlimm an der Situation? Ist es wirklich so schlimm? Gibt es trotz allem evtl. auch positive Seiten an der Situation? Wie sind andere Menschen in früheren Krisenzeiten umgegangen und was kann ich daraus lernen? Welche Krisen habe ich selbst bereits erlebt und wie bin ich damit umgegangen? Welche Stärken habe ich im Umgang mit schwierigen Situationen? Wer kann mir ein wenig helfen? Was könnte mir Hoffnung und Zuversicht geben? Und viele mehr.

Man könnte diese Methode als mentale Reinigung bezeichnen. Also: waschen Sie sich in der jetzigen Krisensituation nicht nur regelmäßig die Hände, sondern auch Ihre mentale Haltung. Achten Sie auch auf innere Hygiene, auf innere Sauberkeit.

Schatzkiste der Vergangenheit

Nutzen Sie die Zeit, um einmal mit Freude zurückzuschauen, auf schöne und positive Ereignisse. Genießen Sie Ihre Vergangenheit. Schauen Sie z.B. alte Fotos an. Wann haben wir schon mal im normalen Alltag Zeit dazu?

Positiver Ausblick auf die Zukunft

Ebenso können Sie die Zeit nutzen, endlich mal eine Vision für Ihre nächsten Monate und Jahre zu entwickeln. Schmieden Sie schöne Pläne für die Zeit nach Corona. Denn auch Corona geht vorüber.

Betrachten Sie also die Krise als Chance: Sie haben jetzt Zeit. Etwas, was sich die meisten Menschen so oft herbeigesehnt haben. Was wollten Sie schon immer erledigen und könnten Sie jetzt tun?

Sinngebung

Aus der Resilienzforschung wissen wir, dass Menschen, die ihrem Tun einen Sinn geben, viel besser mit Krisen und Rückschlägen umgehen können. Dieser Sinn kann z.B. darin bestehen, durch die Einhaltung der Regeln zur Eingrenzung der Übertragung des Corona-Virus unseren Beitrag für die Gesellschaft leisten.

In diesem Zusammenhang möchte ich kurz auf die Kritiken eingehen die besagen, dass das alles übertrieben wird und Corona mit einer herkömmlichen Grippewelle vergleichbar ist: wer da Recht hat, werden wir vielleicht später erfahren, derzeit befinden wir uns in einer Phase des Nicht Wissens.

Aus Sicht der Resilienzforschung aber ist ein Aspekt sehr wichtig: wenn ein Mensch an den Sinn einer Sache (in diesem Fall an Regeln) glaubt, kann der Mensch oder auch eine ganze Gesellschaft über sich hinauswachsen und große Schwierigkeiten meistern und dabei psychisch gesund bleiben. Geben Sie Ihrem Tun also einen Sinn, indem Sie sich z.B. vor Augen führen, dass Sie einen Beitrag zur Überwindung der Krise leisten.

Wenn ein Mensch immer wieder zweifelt und keinen Sinn in seinem Tun sieht, ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ihn die Situation überfordert, groß.

Struktur

Besonders in Ausnahmezeiten benötigen wir Menschen klare Strukturen. Strukturen können zumindest die fehlenden Sicherheiten und die Ungewissheit über die Zukunft kompensieren und das Gefühl vermitteln, dass es da doch Verlässliches gibt. Strukturen erden den Menschen in ungewissen Zeiten und vermitteln ihm das Gefühl, dass er zumindest teilweise die Kontrolle hat, was sehr wichtig ist.

Deshalb geben Sie sich selbst Strukturen, indem Sie z.B. Ihren Tagesablauf strukturieren. Oder indem Sie feste Rituale für den Tag einführen wie z.B. ein Zusammensitzen zu fester Zeit in der Familie, bei dem Sie besprechen, wie es Ihnen gelingt, mit der Krise umzugehen.

Erkennen Sie Erfolge

Führen Sie regelmäßig eine Erfolgskontrolle durch: was hat Ihnen heute geholfen, gut mit der Krise umzugehen? Was hat noch nicht so gut geklappt? Was können Sie noch besser machen? Also: führen Sie sich die Erfolge Ihrer Maßnahmen vor Augen und erkennen Sie, dass Sie handlungsfähig sind und die Lage ein Stück weit selbst gestalten können.  

Und schließlich: machen Sie sich immer wieder bewusst: auch das geht vorüber.

Fazit

Die Corona-Krise ist eine Herausforderung für uns alle. Doch wir sind der Situation nicht hilflos gegenüber ausgeliefert – es gibt zumindest einige Möglichkeiten, die Krise mental gut zu bewältigen und vielleicht sogar gestärkt daraus hervorzugehen.

Die hier vorgestellten Methoden, das wissen wir aus der Resilienzforschung, haben schon vielen Menschen, die z.B. von Naturkatastrophen heimgesucht wurden, geholfen, psychisch gesund zu bleiben und die erforderliche mentale Stärke aufzubringen.

Führen Sie sich auch immer wieder vor Augen: es gab schon viele Katastrophen und Krisen. Dennoch sind Sie selbst und die gesamte Menschheit immer noch da und Sie haben es überstanden! So werden Sie in einiger Zeit auch über die aktuelle Krise sagen: weißt Du noch, damals, Corona …

Zusätzliche Tipps

Ich hoffe, die oben aufgeführten Anregungen waren ein wenig hilfreich für Sie.

Wenn Sie darüber hinaus Fragen haben: kontaktieren Sie mich per Mail oder Textnachricht auf Mobiltelefon (0170 5895233).

Wenn Sie in eine akute psychische Krisensituation geraten, suchen Sie sich Hilfe. Auch das gehört zu Resilienz dazu: sich Hilfe holen. Hierfür stehen die Krisentelefone verschiedener Einrichtungen zur Verfügung. Auch ich selbst stehe im Fall von akuten Notfällen durch Corona honorarfrei zur Verfügung, allerdings nur bei vorheriger Terminvereinbarung unter  www.gestaltherapie-jheinrich.de.

Bleiben Sie gesund, ich wünsche Ihnen alles Gute

Jürgen Heinrich

Weitere kurze Ratgeber zu psychischen Herausforderungen durch die Corona-Krise folgen in Kürze

  • Umgang mit Ängsten und Depressionen durch die Corona-Krise
  • Zusammenleben auf engstem Raum während der Ausgangs-Beschränkung: Konflikte und Spannungen bewältigen

Über den Autor

Jürgen Heinrich arbeitet seit fast 3 Jahrzehnten als Coach und Therapeut in eigener Praxis. Durch umfangreiche Ausbildungen in verschieden Fachrichtungen verfügt Jürgen Heinrich über ein breites Repertoire an therapeutischen Methoden. So absolvierte er unter anderem folgende Ausbildungen:

  • Systemischer Supervisor
  • Gestalttherapeut
  • Meditationslehrer
  • Trauma-Therapeut (NARM)
  • Heilpraktiker (Psychotherapie)